Alles Wesentliche zur Versteigerung von Liegenschaften die mehreren Personen gehören

In diesem Artikel erfahren Sie alles Wesentliche zur Versteigerung von Liegenschaften bzw. Wohnungen, die mehreren Personen gemeinsam gehören. 

Der erfahrene Immobilienanwalt Mag. Patrick Maydell, LL.M. gibt Ihnen diese konkreten Tipps und Informationen:

Oft kommt es vor, dass Häuser mehreren Personen gehören oder auch dass Wohnungen im Eigentum von zwei Ehegatten oder Geschwistern stehen. Oft haben Geschwister ein Haus gemeinsam geerbt oder zwei Ehepartner haben gemeinsam eine Liegenschaft gekauft oder gebaut und wollen nach der Scheidung die Immobilie verkaufen. Wenn sich diese Miteigentümer wegen einem Verkauf nicht einigen können, dann kann es zu einer Versteigerung des Hauses bzw. der Wohnung kommen.

1) Wie läuft eine Versteigerung einer Liegenschaft im Detail ab?

Damit ein Haus oder eine Wohnung über das Gericht versteigert werden kann ist es Voraussetzung, dass es ein rechtskräftiges Urteil oder einen rechtskräftigen Vergleich gibt (kein Rechtsmittel mehr möglich).

Das ist typischerweise der Fall, wenn es nach der Teilungsklage entweder zu einer Einigung unter den Miteigentümern gekommen ist (gerichtlicher Vergleich) oder wenn der Richter ein Urteil erlassen hat und der andere Miteigentümer das Urteil nicht bekämpft hat. Zu den genauen Voraussetzungen einer Teilungsklage, insbesondere wann diese erfolgreich ist, finden Sie hier weitere Informationen: Teilungsklage: 9 Tipps von Rechtsanwalt Mag. Maydell

Wenn man also ein Urteil oder einen gerichtlichen Vergleich hat, wird die Versteigerung mit einem Exekutionsantrag an das zuständige Bezirksgericht eingeleitet. D.h. selbst wenn für das Teilungsverfahren das Landesgericht zuständig war, finden die Versteigerungen immer beim Bezirksgericht statt, in dessen Sprengel die Liegenschaft liegt.

Wenn das Gericht den Exekutionsantrag bewilligt hat, muss in weiterer Folge die Liegenschaft durch einen Sachverständigen bewertet werden. Das ist notwendig, damit das Gericht einen Mindestpreis für die Versteigerung festsetzen kann. Der Sachverständige wird dabei vom Gericht direkt beauftragt, die Parteien können sich aber dazu äußern. Man kann sich daher den Sachverständigen nicht selbst aussuchen, sondern das Gericht wählt einen aus. Aber man hat das Recht, dem Gericht mitzuteilen, ob man mit diesem Sachverständigen einverstanden ist oder ob es Gründe gibt, die gegen diesen Sachverständigen sprechen (z.B. weil er für den anderen Miteigentümer früher mal ein Gutachten erstellt hat). Das Gericht hat dann die Möglichkeit, einen anderen Sachverständigen zu beauftragen, wenn es der Meinung ist, dass das sinnvoll ist.

In weiterer Folge beauftragt das Gericht dann den Sachverständigen mit der Bewertung der Liegenschaft. Es kommt dann zur sogenannten “Befundaufnahme” direkt bei der Liegenschaft. Das bedeutet, dass sich die Parteien und die Anwälte mit dem Sachverständigen direkt vor Ort bei der Liegenschaft treffen und der Sachverständige mit seiner Bewertung beginnt. Er nimmt Fotos auf, schaut sich den Zustand der einzelnen Räume an und holt sich bei der Baubehörde alle notwendigen Unterlagen, die er für sein Gutachten braucht.

Wie lange der Sachverständige Zeit hat, sein Gutachten fertigzustellen hängt davon ab, wie lange ihm das Gericht dafür Zeit gibt. Meistens muss der Sachverständige sein Gutachten aber nach 4 bis 8 Wochen fertig haben und an das Gericht schicken.

Wenn das Gutachten beim Gericht eingelangt ist, schickt es das Gericht an die Anwälte. Zum Gutachten kann man sich dann äußern, d.h. man kann das Gericht darauf aufmerksam machen, wenn Fehler im Gutachten sind. Erst mit dem Gutachten erfährt man auch, zu welchem Mindestpreis die Liegenschaft versteigert wird. 

2) Was ist der Mindestpreis?

Der Mindestpreis, zu dem eine Liegenschaft über das Gericht versteigert wird ist der Verkehrswert, d.h. der Marktwert. Einen Verkauf der Immobilie unter dem Verkehrswert (Marktwert) gibt es bei der gerichtlichen Versteigerung nach einer Teilungsklage – entgegen der landläufigen Meinung – im Normalfall daher nicht (anders als bei der „normalen“ Zwangsversteigerung wegen z.B. Kreditschulden, die eine Bank einleitet). Denn das Gesetz sieht vor (§ 352a Abs 3 EO), dass das geringste Gebot der „Schätzwert“ ist, worunter der Verkehrswert der Liegenschaft verstanden wird.

In der Praxis bedeutet das, dass Liegenschaften bei einer Versteigerung nach einer Teilungsklage regelmäßig über dem Marktpreis versteigert werden. Das heißt, dass die Miteigentümer bei einer Versteigerung durch das Gericht keinen finanziellen Nachteil haben, als wenn sie die Liegenschaft außergerichtlich verkauft hätten.

Wenn die Miteigentümer mit dem vom Sachverständigen festgesetzten Mindestpreis für die Versteigerung nicht einverstanden sind (z.B. weil sie der Meinung sind, dass er zu niedrig ist), dann haben sie die Möglichkeit einvernehmlich einen höheren Mindestpreis festzusetzen. Umgekehrt können sie sich auch auf einen niedrigeren Wert einigen (z.B. weil sie der Meinung sind, dass der Preis vom Sachverständigen zu hoch ist und dann die Liegenschaft gar nicht versteigert wird). Dabei darf der Mindestpreis aber nicht weniger als 3/4 des vom Sachverständigen festgesetzten Schätzwerts betragen.

In der Praxis wird aber meistens der Wert, der vom Sachverständigen festgesetzt wurde als Mindestpreis angesetzt, weil die Miteigentümer oft so zerstritten sind, dass sie sich auf nichts mehr einigen können.

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3) Was passiert beim Versteigerungstermin?

Die Versteigerung der Liegenschaft findet beim Bezirksgericht statt (meist in einem größeren Verhandlungssaal). Jeder potentielle Käufer muss dabei dem Richter einen Ausweis herzeigen und ein Formular mit seinen Daten ausfüllen. Jeder potentielle Käufer muss dem Richter außerdem ein Sparbuch vorlegen, auf dem als Mindestbetrag das sogenannte “Vadium” aufscheint. Das dient als Sicherheit, damit nicht Käufer “zum Spaß” mitsteigern und dann nichts bezahlen.

Wichtig ist, dass auch ein bisheriger Miteigentümer bei der Versteigerung mitsteigern kann. Sollte beispielsweise ein Hälfteeigentümer eines Hauses die andere Hälfte kaufen wollen, dann kann er in der Versteigerung mitbieten und wenn er den Zuschlag erhält, braucht er nicht den vollen Kaufpreis bezahlen (weil ihm eine Hälfte ja schon gehört) sondern nur den Preis für die andere Hälfte.

Wenn bei diesem Versteigerungstermin der Höchstbieter feststeht, dann erteilt ihm der Richter den Zuschlag. Danach muss der neue Käufer den Kaufpreis auf ein Treuhandkonto ans Gericht bezahlen. Das Gericht verständigt dann die Anwälte der Miteigentümer, dass der Kaufpreis in voller Höhe eingelangt ist.

In weiterer Folge muss dem neuen Käufer die Liegenschaft übergeben werden (Schlüsselübergabe).

4) Wie wird der Erlös aus der Versteigerung aufgeteilt?

Vor der Auszahlung des Erlöses an die bisherigen Miteigentümer hat der Richter die Aufgabe, eine Einigung zwischen den Parteien zu versuchen. Wenn sich die Miteigentümer aber nicht einigen können, wie der Versteigerungserlös zwischen ihnen aufzuteilen ist, dann entscheidet er darüber mit Urteil nach folgenden Kriterien:

Der Erlös aus der Versteigerung wird grundsätzlich nach den Miteigentumsanteilen aufgeteilt. D.h. bei zwei Miteigentümern bekommt jeder die Hälfte ausbezahlt. Das muss aber nicht so sein, nämlich dann nicht, wenn ein Miteigentümer Investitionen in die Liegenschaft getätigt hat oder die Miteigentumsanteile ungleich mit Krediten (Pfandrechten) belastet sind (z.B. ein Anteil eines Miteigentümers ist lastenfrei und der andere Anteil ist mit einem Kredit belastet).

5) Was passiert mit Investitionen, die ein Miteigentümer in die Liegenschaft getätigt hat?

Wie bereits gesagt, ist der Versteigerungserlös grundsätzlich nach den Miteigentumsanteilen (d.h. den Anteilen im Grundbuch) zwischen den Parteien aufzuteilen. Eine Ausnahme gibt es aber, wenn eine Partei Investitionen in die Liegenschaft vorgenommen hat, die den Wert der Liegenschaft erhöhen können und die auch dem anderen Miteigentümer zugute kommen. 

Beispiel: Ein Miteigentümer hat auf eigene Kosten mit Zustimmung des anderen eine Garage auf dem Grundstück errichtet. Wenn diese Garage den Wert der Liegenschaft erhöht und zu einem höheren Versteigerungserlös führen würde, dann würde auch der andere Miteigentümer davon profitieren, obwohl er zum Bau der Garage nichts bezahlt hat. In diesem Fall könnte der eine Miteigentümer beantragen, dass das Gericht seine Investitionen bei der Auszahlung berücksichtigt. In diesem Fall würde der eine Miteigentümer daher mehr bekommen als der andere.

Zu beachten ist aber, dass es nicht darauf ankommt, ob diese Investitionen den Wert der Liegenschaft auch tatsächlich erhöht haben. Es ist daher egal, ob für den Käufer bei der Versteigerung die Garage werterhöhend war oder nicht. Es kommt nur darauf an, ob die von einem Miteigentümer getätigten Investitionen “abstrakt geeignet” sind, zu einem höheren Versteigerungserlös der Liegenschaft zu führen.  

Zahlungen oder Ansprüche, die zwar ihren Ursprung im gemeinsamen Miteigentum der Parteien haben, die aber in keinem Zusammenhang mit der Höhe des Versteigerungserlöses stehen, können nicht berücksichtigt werden. Beispiel: Ein Miteigentümer schuldet dem anderen Betriebskosten oder Reparaturkosten. Diese Kosten kann der Miteigentümer nicht im Versteigerungsverfahren bekommen, sondern diese Kosten muss er extra in einem eigenen Gerichtsverfahren einklagen.

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6) Wie lange dauert es, bis meine Liegenschaft oder Wohnung versteigert wird?

Wie lange es dauert, bis die Liegenschaft oder Wohnung durch das Gericht versteigert wird, lässt sich nur schwer sagen, weil es von einer Reihe von Faktoren abhängt z.B. wie schnell das Gericht die Versteigerung bewilligt und wann der Versteigerungstermin angesetzt wird. Auch hängt es davon ab, ob der andere Miteigentümer (der keine Versteigerung will) das Verfahren durch Anträge verzögert etc.

Normalerweise muss man aber von ca. 6 bis 9 Monaten (aber auch länger) ausgehen, bis die Liegenschaft versteigert wird.

7) Was passiert mit Krediten bzw. Pfandrechten nach der Versteigerung?

Pfandrechte die auf der Liegenschaft lasten, bleiben auch nach der Versteigerung grundsätzlich weiterhin aufrecht. Beispiel: Ein Pfandrecht (Hypothek) lastet auf der Liegenschaft, die versteigert wird. Dieses Pfandrecht bleibt aufrecht, was bedeutet, dass der neue Käufer damit rechnen muss, dass ihm die Bank die Liegenschaft zwangsversteigert, wenn die vorigen Miteigentümer ihren Kredit nicht zurückzahlen. Um das zu vermeiden, macht man es in der Praxis oft so, dass der offene Kreditbetrag aus dem Versteigerungserlös an die Bank zurückgezahlt wird und die Bank dann eine Löschungserklärung ausstellt. Das führt dazu, dass der neue Käufer die Liegenschaft ohne Pfandrecht kauft. Außerdem haben die Miteigentümer den Vorteil, dass auch sie dann keine Schulden mehr haben, weil der Kredit eben an die Bank zurückgezahlt ist.  

8) Was kostet die Versteigerung?

Für das Exekutionsverfahren (so wird das Versteigerungsverfahren genannt) fällt eine einmalige Gerichtsgebühr an, die sich vom sogenannten Streitwert berechnet. Wie hoch diese Gerichtsgebühr ist hängt vom Einzelfall ab, beträgt in den meisten Fällen aber nur einige Hundert Euro. Dazu kommen die Kosten des Sachverständigen für die Schätzung der Liegenschaft. Hier kommt es darauf an, wie aufwendig die Schätzung ist (Wohnung oder Mehrparteienhaus etc). Typischerweise betragen diese Kosten aber zwischen EUR 2.000 und EUR 4.000 (insgesamt für alle Miteigentümer). Weiters kommen noch Anwaltskosten dazu, die sich ebenfalls nach dem Aufwand richten (wie viele Schriftsätze sind an das Gericht zu schicken, wie viele Gerichtstermine gibt es etc). Die Anwaltskosten bewegen sich oft in einer ähnlichen Höhe wie beim Sachverständigen, können aber je nach Aufwand auch davon abweichen.

Wichtig ist, dass es im Versteigerungsverfahren einen Kostenersatz für die Gerichtsgebühren und Sachverständigenkosten nach Miteigentumsanteilen gibt. Das bedeutet, dass diese Kosten von den einzelnen Miteigentümern nach deren Miteigentumsanteilen zu bezahlen sind. Wenn ein Haus daher 3 Personen zu gleichen Teilen gehört, werden die Gerichtsgebühren und Kosten des Sachverständigen durch 3 geteilt.

Für Anwaltskosten gibt es – anders als bei der Teilungsklage im Verfahren 1. Instanz – im Exekutionsverfahren keinen Kostenersatz. Das heißt, jeder Miteigentümer trägt selbst seine Anwaltskosten für das Exekutionsverfahren.

9) Bleibt ein Wohnrecht bzw. Fruchtgenussrecht nach der Versteigerung bestehen?

Ein Wohnrecht oder Fruchtgenussrecht bleibt nach der Versteigerung aufrecht. Der neue Käufer hat diese Belastungen zu übernehmen. In der Praxis kann ein derartiges Wohnrecht dazu führen, dass sich für die Liegenschaft beim Versteigerungstermin kein Käufer findet.

10) Kann ein Belastungs- und Veräußerungsverbot eine Versteigerung verhindern?

Ein im Grundbuch eingetragenes Belastungs- und Veräußerungsverbot verhindert dann eine Versteigerung, wenn dieses Verbot auf der gesamten Liegenschaft eingetragen ist und die Person, zu deren Gunsten ein solches Verbot eingetragen wurde, einer Versteigerung nicht zustimmt.

Wenn ein Belastungs- und Veräußerungsverbot aber nur auf einem Anteil der Liegenschaft und nicht auf der ganzen Liegenschaft eingetragen ist (z.B. nur auf einem Hälfteanteil und auf dem anderen nicht), dann kann die Liegenschaft trotzdem versteigert werden.

11) Was ist, wenn die Liegenschaft beim Versteigerungstermin nicht versteigert wird?

Wenn die Liegenschaft beim ersten Versteigerungstermin nicht versteigert wird, dann können bis zu einer Frist von maximal 8 Wochen nach dem Versteigerungstermin schriftliche Bietangebote abgegeben werden. Die genaue Frist kann das Gericht festsetzen. Diese Informationen hat das Gericht auch in der Ediktsdatei zu veröffentlichen.

Die schriftlichen Angebote dürfen dabei um 25 % weniger sein als der vom Sachverständigen festgestellte Schätzwert der Liegenschaft.

Meiner Erfahrung nach kommt es aber in der Praxis nicht oft vor, dass Liegenschaften nicht verkauft werden (außer sie sind zB mit einem Wohnrecht belastet).

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Mag. Patrick Maydell, LL.M.
Rechtsanwalt
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Teilungsklage: 9 Tipps von Rechtsanwalt Mag. Maydell

Erfahren Sie aus erster Hand alles Wesentliche über Teilungsklagen: Wann eine Teilungsklage erfolgreich ist, ob es zu einer Zwangsversteigerung kommen muss oder wie hoch die Kosten sind.

Der erfahrene Immobilienanwalt Mag. Patrick Maydell, LL.M. gibt Ihnen diese konkreten Tipps und Informationen:

1) Warum kommt es überhaupt zu Teilungsklagen?

Zu Teilungsklagen kommt es, wenn sich Miteigentümer über das rechtliche Schicksal ihres Miteigentums nicht mehr einigen können. Ein Eigentümer, dem alleine eine Liegenschaft gehört, kann mit dieser grundsätzlich machen was er will. Er kann sie also verkaufen ohne jemand anderen um Zustimmung fragen zu müssen. Wenn ihm die Liegenschaft aber nicht alleine gehört, sondern er Miteigentümer ist, dann ist seine Freiheit durch die Rechte der anderen Miteigentümer eingeschränkt.

Das Miteigentum wird bei Liegenschaften auch oft „schlichtes Miteigentum“ genannt, um es von Wohnungseigentum zu unterscheiden. Jeder Miteigentümer hat einen „ideellen“ Anteil an der Gesamtliegenschaft (z.B. 1/2; 1/3).

Ein häufiger Irrtum ist es, wenn geglaubt wird, dass ein Miteigentümer seinen Anteil nur mit Zustimmung der anderen Miteigentümer verkaufen darf: Seinen Anteil kann der Miteigentümer zwar verkaufen ohne die Zustimmung der anderen Miteigentümer einholen zu müssen. In der Praxis lassen sich solche Miteigentumsanteile allerdings oft nur schwer veräußern.

Es ist daher oft Erfolg versprechender, die ganze Liegenschaft zu verkaufen. Wenn die Miteigentümer aber unterschiedlich vorgehen möchten und sich auf keine gemeinsame Lösung einigen können, bleibt ihnen der Weg der Teilungsklage offen. Zum Beispiel dann, wenn ein Miteigentümer die Liegenschaft verkaufen möchte, ein anderer aber nicht.

2) Wie läuft eine Teilungsklage ab?

Einer der Miteigentümer (oder mehrere) bringt die Teilungsklage beim Gericht ein. Wenn der Kläger mit der Teilungsklage das Ziel verfolgt, die Liegenschaft zwangsversteigern zu lassen, dann spricht man von einer „Zivilteilungsklage“. Sollte er aber die Liegenschaft in selbständige Einheiten teilen wollen, dann handelt es sich um eine „Realteilung“.

Die Realteilung hat nach dem Gesetz Vorrang vor der Zivilteilung. Das bedeutet, dass die Liegenschaft in selbständige Einheiten zu teilen ist wenn das möglich ist (Realteilung). Nur dann, wenn eine Realteilung nicht in Betracht kommt, kann die Zwangsversteigerung (Zivilteilung) erfolgen.

Welche Teilung im Einzelfall zu erfolgen hat, entscheidet der Richter anhand eines Sachverständigengutachtens. Kommt die Realteilung in Betracht, entscheidet das Gericht, wer welches Teilstück bekommt (beispielsweise unter der Bedingung, eine allfällige Ausgleichszahlung zu leisten).

Sollte die Realteilung nicht möglich sein, muss die Liegenschaft versteigert werden. Der Beklagte (d.h. der Miteigentümer, der mit der Teilung nicht einverstanden ist) kann im Prozess behaupten, die Teilung erfolge zur „Unzeit“ oder zum „Nachteil der Übrigen“. Solche Teilungshindernisse dürfen nur vorübergehend sein (z.B. wenn die Teilung aufgrund bevorstehender Änderungen des Flächenwidmungsplans nachteilig wäre). Nach einer erfolgreich durchgeführten Zwangsversteigerung wird der Verkaufserlös entsprechend der Miteigentumsanteile aufgeteilt.

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3) Führt eine Teilungsklage immer zur Zwangsversteigerung?

Nein. Den Parteien steht es immer frei, einen Vergleich abzuschließen. Außerdem besteht bei Häusern unter gewissen Voraussetzungen die Möglichkeit, Wohnungseigentum zu begründen, nämlich dann, wenn sich das Haus in selbständige Wohneinheiten teilen lässt. Wohnungen sind hingegen normalerweise nicht in selbständige Wohneinheiten teilbar, so dass bei ihnen eine Zwangsversteigerung zu erwarten ist.


4) Kann eine Zwangsversteigerung verhindert werden? Was ist der Mindestpreis bei einer Versteigerung?

Ein Aufschub der Teilung ist denkbar bei Teilungshindernissen der „Unzeit“ und des „Nachteils der Übrigen“ (z.B. wenn die Teilung aufgrund der Deckung des dringenden Wohnbedürfnisses nicht verhältnismäßig wäre). Es kommt zu keiner Zwangsversteigerung, wenn eine Realteilung oder die Begründung von Wohnungseigentum (Parifizierung) möglich ist. Ansonsten muss das Haus zwangsversteigert werden.

Sollte es zu einer gerichtlichen Zwangsversteigerung kommen, dann soll die Immobilie natürlich zu einem guten Preis verkauft werden. Ein Verkauf der Immobilie unter dem Verkehrswert (Marktpreis) gibt es bei der gerichtlichen Versteigerung nach einer Teilungsklage – entgegen der landläufigen Meinung – im Normalfall aber nicht (anders als bei der „normalen“ Zwangsversteigerung wegen Kreditschulden, die eine Bank einleitet). Denn das Gesetz sieht vor (§ 352a Abs 3 EO), dass das geringste Gebot der „Schätzwert“ ist, worunter der Verkehrswert der Liegenschaft verstanden wird.

Das bedeutet in der Praxis, dass eine Versteigerung der Liegenschaft bei Gericht im Normalfall keinen Nachteil zu einem außergerichtlichen Verkauf bringt (ausgenommen, dass der Verkauf länger dauert). Ganz im Gegenteil kann es sogar zu einem wesentlich höheren Verkaufspreis kommen, wie das folgende Beispiel zeigt.

Wenn Sie wissen möchten, wie eine Versteigerung vor Gericht im Detail abläuft, dann finden Sie hier mehr Informationen: Alles Wesentliche zur Versteigerung von Liegenschaften die mehreren Personen gehören 

Dazu ein Beispiel aus meiner anwaltlichen Praxis:

Ich habe für meinen Kunden nach einer Teilungsklage ein Einfamilienhaus mit 608 m² Grundfläche im 14. Bezirk in Wien versteigern lassen. Das Haus ist auf EUR 440.000,– geschätzt worden. Bei der Besichtigung hat sich aber ergeben, dass es ein sehr großes Interesse an diesem Haus gab, sodass wir einvernehmlich mit der Gegenseite den Mindestpreis auf EUR 500.000,– erhöht haben.

Bei der Versteigerung wurde dieser Preis aber bei weitem übertroffen: Denn das Haus ist für eine glatte Million Euro versteigert worden. Wir waren uns alle nach der Versteigerung einig, dass ein solch hoher Preis außergerichtlich nicht erzielt worden wäre. Denn was man nicht unterschätzen darf: Eine öffentliche Versteigerung bei Gericht mit beispielsweise 100 Teilnehmern führt zu einem gewissen psychologischen Druck (Konkurrenzdruck beim Mitbieten). So kommt es schnell dazu, dass der Meistbieter (Käufer) letztendlich einen Preis zahlt, den er außergerichtlich nicht gezahlt hätte.  

„Entgegen der landläufigen Meinung kann eine Versteigerung durch das Gericht zu einem wesentlich höheren Preis führen, als wenn die Liegenschaft ohne Gericht versteigert worden wäre.“ – RA Mag. Patrick Maydell, LL.M.

5) Wann kann ein Haus überhaupt geteilt werden?

Für die Möglichkeit der Realteilung gibt es drei maßgebliche Voraussetzungen: Die Zerlegbarkeit in gleichartige Teile, die Möglichkeit der Teilung im Verhältnis der Anteile und die Möglichkeit der Teilung ohne Wertminderung. Zwei nicht gleichartige Teile liegen beispielsweise vor im Fall einer Gartenparzelle und einer Bauparzelle mit Villa. Die Teilung im Verhältnis der Anteile setzt voraus, dass ebenso viele körperliche Anteile gebildet werden können, als Miteigentümer vorhanden sind. Das Wertverhältnis zwischen den Anteilen muss annähernd der Größe der Anteile entsprechen, wobei geringfügige Abweichungen durch Geld ausgeglichen werden können.

Das Haus muss auch ohne wesentliche Wertminderung geteilt werden können. Eine wesentliche Wertminderung liegt vor, wenn das ganze Haus bei objektiver Bewertung (Verkehrswert) erheblich mehr wert ist als die zu bildenden Teile oder die Realteilung selbst hohe Kosten und Folgekosten verursachen würde. Gerichte haben eine 5,28%-ige Wertminderung als unwesentlich betrachtet, eine 15%-ige Wertminderung jedoch beispielsweise als unverhältnismäßig erachtet.

Wenn wohnungseigentumsfähige Objekte in einem Haus in ausreichender Anzahl vorhanden sind oder ohne unverhältnismäßigen Aufwand geschaffen werden können, besteht zudem die Möglichkeit der Begründung von Wohnungseigentum.

In allen anderen Fällen bleibt der Weg der Zivilteilung d.h. Zwangsversteigerung offen.

 

6) Kann auch eine Eigentumswohnung geteilt werden die uns beiden gehört?

Teilung heißt Aufhebung der Eigentümergemeinschaft. Eine Realteilung (Teilung in zwei gleichartige Einheiten) ist aber faktisch nur möglich, wenn sich die Wohnung in zwei gleichartige Wohnobjekte teilen lässt. Daher kommt es im Regelfall bei Wohnungen zur Zwangsversteigerung und Aufteilung des Erlöses.


7) Welche Vorteile hat die Begründung von Wohnungseigentum (Parifizierung)?

Es entstehen selbständige Wohneinheiten, die gut verwertbar sind (Verkauf).

Denn „Schlichtes Miteigentum“ ist zwar rechtlich selbständig verwertbar, in der Praxis aber so gut wie unverkäuflich.

Die Parifizierung funktioniert so, dass ein Ziviltechniker als Sachverständiger ein Nutzwertgutachten erstellt. Der Nutzwert ergibt sich aus der Nutzfläche des Objekts und allen werterhöhenden und wertmindernden Umständen. Diese Umstände werden als Zu-oder Abschläge zur Nutzfläche berechnet (z.B. die Orientierung der Wohnung innerhalb des Hauses, die Stockwerkslage).

Die Kosten einer Parifizierung umfassen die Kosten des Sachverständigengutachtens, des Wohnungseigentumsvertrags und des Antrags auf Eintragung ins Grundbuch.


8) Was kostet eine Teilungsklage?

Derjenigen Partei, die im Prozess gewinnt gebührt Prozesskostenersatz, für den der Gegner aufkommen muss. Die Liegenschaft wird grundsätzlich nach dem Grundstückswert bewertet. Eine Bewertung der Teilungsklage unter dem Grundstückswert ist zwar möglich, es droht aber das Risiko, dass das Gericht bei einer Bemängelung der Bewertung durch den Gegner, den Streitwert auf den Grundstückswert erhöht.


Zu den Kosten ein konkretes Beispiel aus meiner anwaltlichen Praxis:

Die Miteigentümer eines Einfamilienhauses in Wien waren ehemalige Lebensgefährten und zu je der Hälfte im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Im Zuge der Trennung wollte der Mann das Haus zwangsversteigern lassen und brachte eine Teilungsklage gegen die Frau ein.

Die Teilungsklage wurde mit EUR 17.000,– bewertet. Von diesen EUR 17.000,– bemessen sich grundsätzlich sämtliche Kosten des Verfahrens.

Im Zuge dieses Verfahrens mussten einige Schriftsätze erstellt werden und es kam zu insgesamt 3 Verhandlungsterminen. Das Verfahren dauerte insgesamt 5 Monate. Die Frau wollte ursprünglich die Teilung des Hauses verhindern und machte geltend, dass eine Teilung des Hauses in zwei gleichartige Wohneinheiten möglich sei (Realteilung). Für den Fall, dass eine Realteilung nicht möglich sei, beantragte sie die Begründung von Wohnungseigentum.

Bei sämtlichen Verhandlungsterminen kam es zu umfangreichen Vergleichsverhandlungen, die aber nicht erfolgreich waren. So wurde dann ein Sachverständiger mit der Frage beauftragt, ob sich das Haus in zwei gleichartige Wohneinheiten teilen lässt.

Letztlich haben sich die ehemaligen Lebensgefährten dann doch noch auf einen Vergleich geeinigt:

Das Haus wurde nicht im Rahmen eines Gerichtsverfahrens zwangsversteigert, sondern man einigte sich auf einen Verkauf durch Beauftragung eines Immobilienmaklers. Die Kosten des Gerichtsverfahrens trug jede der Parteien selbst. Das Haus wurde in weiterer Folge mit Gewinn verkauft.

Insgesamt betrugen die Kosten des Verfahrens für die Frau als Beklagte EUR 5.793,46,– inkl. USt. Der Mann als Kläger musste zusätzlich noch die Gerichtsgebühren von EUR 707,– bezahlen.

Je nach Höhe der Bemessungsgrundlage und dem Aufwand können die Kosten in anderen Fällen niedriger oder höher sein. Gerne gebe ich Ihnen für Ihre Situation eine Einschätzung der zu erwartenden Kosten. Wenn das Verfahren gewonnen wird haben Sie Anspruch auf Ersatz der Kosten gegen den Gegner.


9) Muss bei einer Teilungsklage ein Sachverständiger beauftragt werden?

Bei einer Teilung eines Hauses wird der Richter im Normalfall einen Sachverständigen beauftragen, weil der Richter ohne Sachverständigengutachten oft nicht entscheiden kann, ob das Haus nach den Kriterien der Rechtsprechung teilbar ist (Zerlegbarkeit in gleichartige Teile, Möglichkeit der Teilung im Verhältnis der Anteile und Möglichkeit der Teilung ohne Wertminderung). Der Sachverständige legt auch den Schätzwert fest, zu dem das Haus versteigert werden kann (Mindestgebot).

Die Kosten des Sachverständigen trägt letztendlich die im Prozess unterlegene Partei.

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NEU: Oberster Gerichtshof erlaubt Rücktritt vom Bauwerkvertrag auch ohne Setzung einer Nachfrist

Nach einer aktuellen Entscheidung des obersten Gerichtshofs (5 Ob 120/21i) ist klargestellt, dass ein Auftraggeber einer Bauleistung auch dann vom Vertrag zurücktreten kann, wenn er das Vertrauen in seinen Vertragspartner verloren hat, weil dieser seine Lieferverpflichtung nicht termingerecht erfüllt hat. Ein solcher Rücktritt kann sogar ohne Setzung einer Nachfrist zulässig sein.

In dieser Entscheidung ging es darum, dass eine Arbeitsgemeinschaft von Baufirmen einen Auftrag zur Lieferung von sogenannten Randwegsabdeckungen samt Auflagern für den Neubau einer Bahnstrecke erhielten. Es stellte sich aber heraus, dass viele dieser Abdeckungen mangelhaft waren und nicht den vereinbarten Abmessungen entsprochen haben. Weiters wurden viel zu wenige dieser Abdeckungen geliefert. Der Auftraggeber setzte daraufhin der Arbeitsgemeinschaft eine Nachfrist von 4 Wochen, damit diese die Abdeckungen noch liefern kann. In der Zwischenzeit fand aber eine Werksbesichtigung in einem Werk der Arbeitsgemeinschaft statt und es stellte sich heraus, dass die Arbeitsgemeinschaft nicht in der Lage sein wird, die fehlenden Abdeckungen bis zum Ende der Nachfrist zu liefern. Der Auftraggeber wartete somit nicht mehr das Ende dieser Nachfrist ab, sondern erklärte sofort seinen Rücktritt vom Vertrag und beauftragte andere Unternehmen mit der Ersatzvornahme.

Die Arbeitsgemeinschaft war jedoch der Meinung alles richtig gemacht zu haben und klagte den fehlenden Werklohn beim Auftraggeber ein. Der Oberste Gerichtshof stellte in letzter Instanz fest, dass ein Rücktritt vom Vertrag zwar grundsätzlich nur dann möglich ist, wenn dem schuldhaften Vertragspartner eine angemessene Nachfrist gesetzt wird. Eine Nachfrist muss aber dann nicht gesetzt werden, wenn der Vertragspartner offensichtlich nicht in der Lage ist seine Leistung nachzuholen oder wenn er die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. Das Recht zum Rücktritt – ohne dass eine Nachfrist gesetzt wird – besteht aber auch dann, wenn der eine Vertragspartner das Vertrauen in den anderen Vertragspartner wegen dessen „treuwidrigen Verhaltens“ verloren hat, sodass ihm die Aufrechterhaltung des Vertrags nicht mehr zugemutet werden kann.

Im hier gegenständlichen Fall ging der oberste Gerichtshof davon aus, dass der Rücktritt ohne Setzung einer Nachfrist zulässig war, weil sich bei einer Werksbesichtigung herausstellte, dass die Arbeitsgemeinschaft die vereinbarte Liefermenge gar nicht termingerecht erbringen kann, da in dem Werk nicht einmal die zur Herstellung der Abdeckungen erforderlichen Schalungen vorhanden waren.

Wie diese Entscheidung zeigt, muss nicht immer eine Nachfrist gesetzt werden bzw. das Ende der Nachfrist abgewartet werden, sondern kann auch gleich ein anderes Unternehmen beauftragt werden. Es hängt aber von den Umständen des Einzelfalls ab, unter welchen Voraussetzungen ein Rücktritt vom Vertrag auch ohne Setzung einer Nachfrist zulässig ist.

Sollten Sie rechtliche Schwierigkeiten mit Bauherren oder Baufirmen haben, dann stehe ich Ihnen für eine fundierte Beratung in meiner Kanzlei gerne zur Verfügung.

Kontaktieren Sie mich noch heute für eine Erstberatung.

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Räumungsklage gegen Miteigentümer zulässig, der die Liegenschaft allein benützt?

Diese aktuelle Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 20.10.2020 (4 Ob 162/20g) befasst sich mit der Fragestellung, ob eine Räumungsklage gegen einen Miteigentümer, der die Liegenschaft allein benützt, durch die weiteren Miteigentümer zulässig ist, weil diese die Liegenschaft vermieten wollen.

Die Kläger hatten ursprünglich keine Einwände gegen die alleinige Nutzung durch den Beklagten, bis sie diese jedoch widerriefen. Zwischen den Klägern und dem Beklagten bestand weder eine Benützungsvereinbarung, noch gab es eine gerichtliche Benützungsregelung.

Der OGH stellte bereits in früheren Entscheidungen fest, dass jeder Miteigentümer grundsätzlich Anspruch auf eine annähernd seinem Miteigentumsanteil entsprechende Nutzung der Liegenschaft hat, sofern er einen persönlichen Bedarf an einer Nutzung hat. Ist nur eine bloß beschränkte Gebrauchsmöglichkeit der gemeinsamen Sache gegeben, ist ein Miteigentümer berechtigt, auch ohne Vorliegen einer Vereinbarung mit den anderen jeden Gebrauch von der Liegenschaft zu machen, durch den der konkrete Gebrauch der weiteren Miteigentümer nicht gestört wird (RIS-Justiz RS0013197 und RS0013211; 9 Ob 85/00s). Somit steht ihm unter diesen Voraussetzungen auch das Recht auf eine ausschließliche Nutzung der gemeinsamen Sache zu.

Im vorliegenden Fall war daher vom OGH zu klären, ob ein tatsächlicher Gebrauch oder konkreter Gebrauchswunsch der Kläger besteht, denn nur durch eine Gebrauchsstörung durch den Beklagten greift dessen alleinige Nutzung in die Anteilsrechte der Kläger ein.

Die Frage, ob eine Vermietung einen konkreten Gebrauchswunsch darstellt, beantwortete der OGH folgendermaßen: Ohne Beanspruchung einer Sachbenützung durch die Kläger liegt kein rechtswidriger Eingriff des die Liegenschaft allein nützenden Beklagten in die Anteilsrechte der Kläger vor. Der Wunsch, die Liegenschaft zu vermieten ist somit nicht als konkreter Gebrauchswunsch zu qualifizieren. Die Kläger haben ohne Gebrauchswunsch daher nur ein Recht auf Benützungsentgelt vom Beklagten.

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Verhindert eine bestehende Bausperre eine Realteilung einer Liegenschaft?

Soll eine Liegenschaft real geteilt werden, so bedeutet das, dass diese in zumindest zwei Grundstücke geteilt werden muss. Eine solche Grundsücksteilung ist aber nur dann zulässig, wenn sämtliche relevanten gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden.

Eine Gemeinde hat die Möglichkeit, für ihr Gebiet oder Teile davon eine zeitlich befristete Bausperre zu verhängen, wenn beabsichtigt ist, den Flächenwidmungsplan oder Bebauungsplan zu ändern. Die Gemeinde will so verhindern, dass es zu Bauvorhaben kommt, die dem zukünftigen Flächenwidmungsplan oder Bebauungsplan widersprechen.

Sollte die Gemeinde, in der das Grundstück liegt, eine Bausperre verhängt haben, heißt das aber nicht automatisch, dass eine Grundstücksteilung nicht durchgeführt werden kann. Ob eine beabsichtigte Grundstücksteilung von der Baubehörde nämlich bewilligt werden kann, hängt primär davon ab, ob der bestehende Bebauungsplan eingehalten wird und sich die beabsichtigte Teilung des Grundstücks mit dem zukünftigen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan vereinbaren lässt. Für das Bundesland Wien ist dies in § 8 Abs 2 Wiener Bauordnung gesetzlich geregelt.

Zu beachten ist aber, dass jedes Bundesland hier andere Regelungen treffen kann. Es ist daher immer im Einzelfall zu prüfen, ob eine Liegenschaft trotz aufrechter Bausperre real geteilt werden kann.