Nach einer aktuellen Entscheidung des obersten Gerichtshofs (5 Ob 120/21i) ist klargestellt, dass ein Auftraggeber einer Bauleistung auch dann vom Vertrag zurücktreten kann, wenn er das Vertrauen in seinen Vertragspartner verloren hat, weil dieser seine Lieferverpflichtung nicht termingerecht erfüllt hat. Ein solcher Rücktritt kann sogar ohne Setzung einer Nachfrist zulässig sein.
In dieser Entscheidung ging es darum, dass eine Arbeitsgemeinschaft von Baufirmen einen Auftrag zur Lieferung von sogenannten Randwegsabdeckungen samt Auflagern für den Neubau einer Bahnstrecke erhielten. Es stellte sich aber heraus, dass viele dieser Abdeckungen mangelhaft waren und nicht den vereinbarten Abmessungen entsprochen haben. Weiters wurden viel zu wenige dieser Abdeckungen geliefert. Der Auftraggeber setzte daraufhin der Arbeitsgemeinschaft eine Nachfrist von 4 Wochen, damit diese die Abdeckungen noch liefern kann. In der Zwischenzeit fand aber eine Werksbesichtigung in einem Werk der Arbeitsgemeinschaft statt und es stellte sich heraus, dass die Arbeitsgemeinschaft nicht in der Lage sein wird, die fehlenden Abdeckungen bis zum Ende der Nachfrist zu liefern. Der Auftraggeber wartete somit nicht mehr das Ende dieser Nachfrist ab, sondern erklärte sofort seinen Rücktritt vom Vertrag und beauftragte andere Unternehmen mit der Ersatzvornahme.
Die Arbeitsgemeinschaft war jedoch der Meinung alles richtig gemacht zu haben und klagte den fehlenden Werklohn beim Auftraggeber ein. Der Oberste Gerichtshof stellte in letzter Instanz fest, dass ein Rücktritt vom Vertrag zwar grundsätzlich nur dann möglich ist, wenn dem schuldhaften Vertragspartner eine angemessene Nachfrist gesetzt wird. Eine Nachfrist muss aber dann nicht gesetzt werden, wenn der Vertragspartner offensichtlich nicht in der Lage ist seine Leistung nachzuholen oder wenn er die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. Das Recht zum Rücktritt – ohne dass eine Nachfrist gesetzt wird – besteht aber auch dann, wenn der eine Vertragspartner das Vertrauen in den anderen Vertragspartner wegen dessen „treuwidrigen Verhaltens“ verloren hat, sodass ihm die Aufrechterhaltung des Vertrags nicht mehr zugemutet werden kann.
Im hier gegenständlichen Fall ging der oberste Gerichtshof davon aus, dass der Rücktritt ohne Setzung einer Nachfrist zulässig war, weil sich bei einer Werksbesichtigung herausstellte, dass die Arbeitsgemeinschaft die vereinbarte Liefermenge gar nicht termingerecht erbringen kann, da in dem Werk nicht einmal die zur Herstellung der Abdeckungen erforderlichen Schalungen vorhanden waren.
Wie diese Entscheidung zeigt, muss nicht immer eine Nachfrist gesetzt werden bzw. das Ende der Nachfrist abgewartet werden, sondern kann auch gleich ein anderes Unternehmen beauftragt werden. Es hängt aber von den Umständen des Einzelfalls ab, unter welchen Voraussetzungen ein Rücktritt vom Vertrag auch ohne Setzung einer Nachfrist zulässig ist.
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Mag. Patrick Maydell, LL.M.
Rechtsanwalt
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