Als Rechtsanwalt und gelernter Kfz-Mechaniker werde ich in meiner Kanzlei immer wieder mit gravierenden technischen Mängeln wie beispielsweise beim VW T5 (2.0 BiTDI, Motorcode CFCA) konfrontiert. Ein aktueller Fall zeigt nun exemplarisch, wie weit Theorie und Praxis im Gebrauchtwagenhandel auseinanderklaffen.
Obwohl ein gerichtliches Gutachten einen technisch katastrophalen Zustand bescheinigt, versuchen Händler oft bis zuletzt, Gewährleistungsansprüche abzuwehren.
Die Ausgangslage: Traumauto Multivan wird zum Albtraum
Unser Mandant erwarb im Jänner 2024 einen VW T5 Multivan (Baujahr 2013, ca. 213.000 km) zum Preis von 23.000 Euro. Bereits kurz nach der Übergabe im Februar 2024 fiel ein massiv erhöhter Ölverbrauch auf.
Die Reaktion des Händlers ist symptomatisch für viele Fälle in Österreich: Er bestritt pauschal, dass das Fahrzeug bei Übergabe mangelhaft war. Eine Verbesserung (Reparatur) wurde abgelehnt. Mehr noch: Der Händler forderte für den Fall der Rückabwicklung auch ein Nutzungsentgelt für die gefahrenen Kilometer.
Da keine Einigung erzielt wurde, brachten wir die Klage auf Wandlung ein und beantragten ein gerichtliches Sachverständigengutachten.
Die Fakten: Das sagt das Gerichtsgutachten
Der allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige führte im Oktober 2025 eine exakte Verbrauchsmessfahrt durch. Die Ergebnisse vom 8. November 2025 sprechen eine deutliche Sprache:
- Der tatsächliche Verbrauch: Auf der Messstrecke von 576 km sank der Ölstand unter das Minimum. Hochgerechnet verbraucht der Motor 2,3 Liter Öl auf 1.000 km.
- Die Herstellervorgabe: Die Toleranz von VW liegt bei maximal 0,5 Litern. Der Grenzwert wurde hier also fast um das Fünffache überschritten.
- Die technische Diagnose: Die Zylinderlaufbahnen und Kolbenringe sind verschlissen.
Der Gutachter stellt unmissverständlich fest: „Zur Behebung des Mangels muss der Motor getauscht werden.“ Die Kosten hierfür belaufen sich laut Kostenvoranschlag auf 14.352,58 Euro.
Die Rechtslage: Warum der Händler trotzdem haftet
In der Praxis erleben wir oft, dass Händler versuchen, solche Schäden als „Verschleiß“ oder „nachträglich entstanden“ abzutun. Das Gutachten widerlegt dies technisch und stärkt damit die Rechtsposition des Käufers massiv:
- Der Mangel lag bereits bei Übergabe vor: Der Sachverständige führt aus, dass es sich um einen Verschleißschaden handelt, der „langsam über lange Zeiträume […] entsteht“. Technisch ist daher davon auszugehen, dass der Schaden bereits zum Zeitpunkt des Kaufs vorhanden war.
- Reparatur ist wirtschaftlich unzumutbar: Bei Reparaturkosten von über 14.000 Euro gegenüber einem Kaufpreis von 23.000 Euro ist eine bloße Reparatur oft nicht verhältnismäßig. Das Ziel ist daher die Wandlung: Der Kaufvertrag wird aufgehoben, Sie erhalten den Kaufpreis zurück (abzüglich eines angemessenen Benützungsentgelts), und der Händler erhält das Fahrzeug zurück.
Die 3 häufigsten Ausreden der Händler (und warum sie falsch sind)
In unserem Fall hat der beklagte Händler genau die Argumente vorgebracht, die wir fast täglich hören. Lassen Sie sich davon nicht einschüchtern – unser Fall zeigt, dass diese vor Gericht oft keinen Bestand haben.
1. Ausrede: „Das Auto war bei Übergabe in Ordnung.“
- Was der Händler sagt: Er behauptet, der Mangel sei erst durch Ihre Nutzung entstanden.
- Die Realität: Wie der Sachverständige bestätigte, entsteht ein Verschleiß der Zylinderlaufbahnen schleichend. Ein solcher Schaden tritt nicht plötzlich nach drei Wochen auf.
2. Ausrede: „Sie sind zu viel gefahren (Nutzungsentgelt).“
- Was der Händler sagt: In unserem Fall forderte der Händler ein Nutzungsentgelt für über 10.000 gefahrene Kilometer. Außerdem meinte er sinngemäß: Wer 10.000 Kilometer fahren kann, hat keinen Motorschaden.
- Die Realität sieht anders aus: Dass ein Auto noch fährt, heißt nicht, dass der Motor gesund ist – er stirbt oft langsam. Juristisch prüfen wir zudem genau, ob die Berechnung des Entgelts angemessen ist und akzeptieren keine Fantasiebeträge.
3. Ausrede: „Das ist normaler Verschleiß bei dem Alter.“
- Die Realität: Ein Verbrauch von 2,3 Litern auf 1.000 km ist niemals „normaler Verschleiß“, sondern ein technischer Defekt, der die Verkehrstauglichkeit massiv beeinträchtigt und weit außerhalb jeder Herstellertoleranz liegt.
Häufige Fragen zum VW T5 Ölverbrauch (FAQ)
Muss der Motor für den Beweis zerlegt werden? Nein. In unserem Fall war das Ergebnis der Verbrauchsmessfahrt so eindeutig (2,3 Liter auf 1.000 km), dass der Gutachter den Motorschaden feststellen konnte, ohne den Motor kostenintensiv zerlegen zu müssen. Die Faktenlage war durch die Messung erdrückend.
Fazit
Dieser Fall belegt, dass ein Ölverbrauch von 2,3 Litern technisch einem wirtschaftlichen Totalschaden gleichkommt. Dennoch verweigern Händler oft die Einsicht, bis ein Gerichtsgutachten vorliegt.
Betrifft Sie dieses Thema? Wenn Sie bei Ihrem Fahrzeug mit hohem Ölverbrauch konfrontiert sind und der Händler die Haftung ablehnt, ist eine fundierte Prüfung notwendig.
Als Anwalt und gelernter Kfz-Mechaniker prüfe ich Ihren Fall – juristisch und technisch. Senden Sie mir Ihren Kaufvertrag und etwaige Prüfberichte für eine kostenlose telefonische Ersteinschätzung.
Ich freue mich auf Ihre Kontaktaufnahme.
Mag. Patrick Maydell, LL.M.
Rechtsanwalt
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