Alles Wesentliche zur Versteigerung von Liegenschaften die mehreren Personen gehören

In diesem Artikel erfahren Sie alles Wesentliche zur Versteigerung von Liegenschaften bzw. Wohnungen, die mehreren Personen gemeinsam gehören. 

Der erfahrene Immobilienanwalt Mag. Patrick Maydell, LL.M. gibt Ihnen diese konkreten Tipps und Informationen:

Oft kommt es vor, dass Häuser mehreren Personen gehören oder auch dass Wohnungen im Eigentum von zwei Ehegatten oder Geschwistern stehen. Oft haben Geschwister ein Haus gemeinsam geerbt oder zwei Ehepartner haben gemeinsam eine Liegenschaft gekauft oder gebaut und wollen nach der Scheidung die Immobilie verkaufen. Wenn sich diese Miteigentümer wegen einem Verkauf nicht einigen können, dann kann es zu einer Versteigerung des Hauses bzw. der Wohnung kommen.

1) Wie läuft eine Versteigerung einer Liegenschaft im Detail ab?

Damit ein Haus oder eine Wohnung über das Gericht versteigert werden kann ist es Voraussetzung, dass es ein rechtskräftiges Urteil oder einen rechtskräftigen Vergleich gibt (kein Rechtsmittel mehr möglich).

Das ist typischerweise der Fall, wenn es nach der Teilungsklage entweder zu einer Einigung unter den Miteigentümern gekommen ist (gerichtlicher Vergleich) oder wenn der Richter ein Urteil erlassen hat und der andere Miteigentümer das Urteil nicht bekämpft hat. Zu den genauen Voraussetzungen einer Teilungsklage, insbesondere wann diese erfolgreich ist, finden Sie hier weitere Informationen: Teilungsklage: 9 Tipps von Rechtsanwalt Mag. Maydell

Wenn man also ein Urteil oder einen gerichtlichen Vergleich hat, wird die Versteigerung mit einem Exekutionsantrag an das zuständige Bezirksgericht eingeleitet. D.h. selbst wenn für das Teilungsverfahren das Landesgericht zuständig war, finden die Versteigerungen immer beim Bezirksgericht statt, in dessen Sprengel die Liegenschaft liegt.

Wenn das Gericht den Exekutionsantrag bewilligt hat, muss in weiterer Folge die Liegenschaft durch einen Sachverständigen bewertet werden. Das ist notwendig, damit das Gericht einen Mindestpreis für die Versteigerung festsetzen kann. Der Sachverständige wird dabei vom Gericht direkt beauftragt, die Parteien können sich aber dazu äußern. Man kann sich daher den Sachverständigen nicht selbst aussuchen, sondern das Gericht wählt einen aus. Aber man hat das Recht, dem Gericht mitzuteilen, ob man mit diesem Sachverständigen einverstanden ist oder ob es Gründe gibt, die gegen diesen Sachverständigen sprechen (z.B. weil er für den anderen Miteigentümer früher mal ein Gutachten erstellt hat). Das Gericht hat dann die Möglichkeit, einen anderen Sachverständigen zu beauftragen, wenn es der Meinung ist, dass das sinnvoll ist.

In weiterer Folge beauftragt das Gericht dann den Sachverständigen mit der Bewertung der Liegenschaft. Es kommt dann zur sogenannten “Befundaufnahme” direkt bei der Liegenschaft. Das bedeutet, dass sich die Parteien und die Anwälte mit dem Sachverständigen direkt vor Ort bei der Liegenschaft treffen und der Sachverständige mit seiner Bewertung beginnt. Er nimmt Fotos auf, schaut sich den Zustand der einzelnen Räume an und holt sich bei der Baubehörde alle notwendigen Unterlagen, die er für sein Gutachten braucht.

Wie lange der Sachverständige Zeit hat, sein Gutachten fertigzustellen hängt davon ab, wie lange ihm das Gericht dafür Zeit gibt. Meistens muss der Sachverständige sein Gutachten aber nach 4 bis 8 Wochen fertig haben und an das Gericht schicken.

Wenn das Gutachten beim Gericht eingelangt ist, schickt es das Gericht an die Anwälte. Zum Gutachten kann man sich dann äußern, d.h. man kann das Gericht darauf aufmerksam machen, wenn Fehler im Gutachten sind. Erst mit dem Gutachten erfährt man auch, zu welchem Mindestpreis die Liegenschaft versteigert wird. 

2) Was ist der Mindestpreis?

Der Mindestpreis, zu dem eine Liegenschaft über das Gericht versteigert wird ist der Verkehrswert, d.h. der Marktwert. Einen Verkauf der Immobilie unter dem Verkehrswert (Marktwert) gibt es bei der gerichtlichen Versteigerung nach einer Teilungsklage – entgegen der landläufigen Meinung – im Normalfall daher nicht (anders als bei der „normalen“ Zwangsversteigerung wegen z.B. Kreditschulden, die eine Bank einleitet). Denn das Gesetz sieht vor (§ 352a Abs 3 EO), dass das geringste Gebot der „Schätzwert“ ist, worunter der Verkehrswert der Liegenschaft verstanden wird.

In der Praxis bedeutet das, dass Liegenschaften bei einer Versteigerung nach einer Teilungsklage regelmäßig über dem Marktpreis versteigert werden. Das heißt, dass die Miteigentümer bei einer Versteigerung durch das Gericht keinen finanziellen Nachteil haben, als wenn sie die Liegenschaft außergerichtlich verkauft hätten.

Wenn die Miteigentümer mit dem vom Sachverständigen festgesetzten Mindestpreis für die Versteigerung nicht einverstanden sind (z.B. weil sie der Meinung sind, dass er zu niedrig ist), dann haben sie die Möglichkeit einvernehmlich einen höheren Mindestpreis festzusetzen. Umgekehrt können sie sich auch auf einen niedrigeren Wert einigen (z.B. weil sie der Meinung sind, dass der Preis vom Sachverständigen zu hoch ist und dann die Liegenschaft gar nicht versteigert wird). Dabei darf der Mindestpreis aber nicht weniger als 3/4 des vom Sachverständigen festgesetzten Schätzwerts betragen.

In der Praxis wird aber meistens der Wert, der vom Sachverständigen festgesetzt wurde als Mindestpreis angesetzt, weil die Miteigentümer oft so zerstritten sind, dass sie sich auf nichts mehr einigen können.

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3) Was passiert beim Versteigerungstermin?

Die Versteigerung der Liegenschaft findet beim Bezirksgericht statt (meist in einem größeren Verhandlungssaal). Jeder potentielle Käufer muss dabei dem Richter einen Ausweis herzeigen und ein Formular mit seinen Daten ausfüllen. Jeder potentielle Käufer muss dem Richter außerdem ein Sparbuch vorlegen, auf dem als Mindestbetrag das sogenannte “Vadium” aufscheint. Das dient als Sicherheit, damit nicht Käufer “zum Spaß” mitsteigern und dann nichts bezahlen.

Wichtig ist, dass auch ein bisheriger Miteigentümer bei der Versteigerung mitsteigern kann. Sollte beispielsweise ein Hälfteeigentümer eines Hauses die andere Hälfte kaufen wollen, dann kann er in der Versteigerung mitbieten und wenn er den Zuschlag erhält, braucht er nicht den vollen Kaufpreis bezahlen (weil ihm eine Hälfte ja schon gehört) sondern nur den Preis für die andere Hälfte.

Wenn bei diesem Versteigerungstermin der Höchstbieter feststeht, dann erteilt ihm der Richter den Zuschlag. Danach muss der neue Käufer den Kaufpreis auf ein Treuhandkonto ans Gericht bezahlen. Das Gericht verständigt dann die Anwälte der Miteigentümer, dass der Kaufpreis in voller Höhe eingelangt ist.

In weiterer Folge muss dem neuen Käufer die Liegenschaft übergeben werden (Schlüsselübergabe).

4) Wie wird der Erlös aus der Versteigerung aufgeteilt?

Vor der Auszahlung des Erlöses an die bisherigen Miteigentümer hat der Richter die Aufgabe, eine Einigung zwischen den Parteien zu versuchen. Wenn sich die Miteigentümer aber nicht einigen können, wie der Versteigerungserlös zwischen ihnen aufzuteilen ist, dann entscheidet er darüber mit Urteil nach folgenden Kriterien:

Der Erlös aus der Versteigerung wird grundsätzlich nach den Miteigentumsanteilen aufgeteilt. D.h. bei zwei Miteigentümern bekommt jeder die Hälfte ausbezahlt. Das muss aber nicht so sein, nämlich dann nicht, wenn ein Miteigentümer Investitionen in die Liegenschaft getätigt hat oder die Miteigentumsanteile ungleich mit Krediten (Pfandrechten) belastet sind (z.B. ein Anteil eines Miteigentümers ist lastenfrei und der andere Anteil ist mit einem Kredit belastet).

5) Was passiert mit Investitionen, die ein Miteigentümer in die Liegenschaft getätigt hat?

Wie bereits gesagt, ist der Versteigerungserlös grundsätzlich nach den Miteigentumsanteilen (d.h. den Anteilen im Grundbuch) zwischen den Parteien aufzuteilen. Eine Ausnahme gibt es aber, wenn eine Partei Investitionen in die Liegenschaft vorgenommen hat, die den Wert der Liegenschaft erhöhen können und die auch dem anderen Miteigentümer zugute kommen. 

Beispiel: Ein Miteigentümer hat auf eigene Kosten mit Zustimmung des anderen eine Garage auf dem Grundstück errichtet. Wenn diese Garage den Wert der Liegenschaft erhöht und zu einem höheren Versteigerungserlös führen würde, dann würde auch der andere Miteigentümer davon profitieren, obwohl er zum Bau der Garage nichts bezahlt hat. In diesem Fall könnte der eine Miteigentümer beantragen, dass das Gericht seine Investitionen bei der Auszahlung berücksichtigt. In diesem Fall würde der eine Miteigentümer daher mehr bekommen als der andere.

Zu beachten ist aber, dass es nicht darauf ankommt, ob diese Investitionen den Wert der Liegenschaft auch tatsächlich erhöht haben. Es ist daher egal, ob für den Käufer bei der Versteigerung die Garage werterhöhend war oder nicht. Es kommt nur darauf an, ob die von einem Miteigentümer getätigten Investitionen “abstrakt geeignet” sind, zu einem höheren Versteigerungserlös der Liegenschaft zu führen.  

Zahlungen oder Ansprüche, die zwar ihren Ursprung im gemeinsamen Miteigentum der Parteien haben, die aber in keinem Zusammenhang mit der Höhe des Versteigerungserlöses stehen, können nicht berücksichtigt werden. Beispiel: Ein Miteigentümer schuldet dem anderen Betriebskosten oder Reparaturkosten. Diese Kosten kann der Miteigentümer nicht im Versteigerungsverfahren bekommen, sondern diese Kosten muss er extra in einem eigenen Gerichtsverfahren einklagen.

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6) Wie lange dauert es, bis meine Liegenschaft oder Wohnung versteigert wird?

Wie lange es dauert, bis die Liegenschaft oder Wohnung durch das Gericht versteigert wird, lässt sich nur schwer sagen, weil es von einer Reihe von Faktoren abhängt z.B. wie schnell das Gericht die Versteigerung bewilligt und wann der Versteigerungstermin angesetzt wird. Auch hängt es davon ab, ob der andere Miteigentümer (der keine Versteigerung will) das Verfahren durch Anträge verzögert etc.

Normalerweise muss man aber von ca. 6 bis 9 Monaten (aber auch länger) ausgehen, bis die Liegenschaft versteigert wird.

7) Was passiert mit Krediten bzw. Pfandrechten nach der Versteigerung?

Pfandrechte die auf der Liegenschaft lasten, bleiben auch nach der Versteigerung grundsätzlich weiterhin aufrecht. Beispiel: Ein Pfandrecht (Hypothek) lastet auf der Liegenschaft, die versteigert wird. Dieses Pfandrecht bleibt aufrecht, was bedeutet, dass der neue Käufer damit rechnen muss, dass ihm die Bank die Liegenschaft zwangsversteigert, wenn die vorigen Miteigentümer ihren Kredit nicht zurückzahlen. Um das zu vermeiden, macht man es in der Praxis oft so, dass der offene Kreditbetrag aus dem Versteigerungserlös an die Bank zurückgezahlt wird und die Bank dann eine Löschungserklärung ausstellt. Das führt dazu, dass der neue Käufer die Liegenschaft ohne Pfandrecht kauft. Außerdem haben die Miteigentümer den Vorteil, dass auch sie dann keine Schulden mehr haben, weil der Kredit eben an die Bank zurückgezahlt ist.  

8) Was kostet die Versteigerung?

Für das Exekutionsverfahren (so wird das Versteigerungsverfahren genannt) fällt eine einmalige Gerichtsgebühr an, die sich vom sogenannten Streitwert berechnet. Wie hoch diese Gerichtsgebühr ist hängt vom Einzelfall ab, beträgt in den meisten Fällen aber nur einige Hundert Euro. Dazu kommen die Kosten des Sachverständigen für die Schätzung der Liegenschaft. Hier kommt es darauf an, wie aufwendig die Schätzung ist (Wohnung oder Mehrparteienhaus etc). Typischerweise betragen diese Kosten aber zwischen EUR 2.000 und EUR 4.000 (insgesamt für alle Miteigentümer). Weiters kommen noch Anwaltskosten dazu, die sich ebenfalls nach dem Aufwand richten (wie viele Schriftsätze sind an das Gericht zu schicken, wie viele Gerichtstermine gibt es etc). Die Anwaltskosten bewegen sich oft in einer ähnlichen Höhe wie beim Sachverständigen, können aber je nach Aufwand auch davon abweichen.

Wichtig ist, dass es im Versteigerungsverfahren einen Kostenersatz für die Gerichtsgebühren und Sachverständigenkosten nach Miteigentumsanteilen gibt. Das bedeutet, dass diese Kosten von den einzelnen Miteigentümern nach deren Miteigentumsanteilen zu bezahlen sind. Wenn ein Haus daher 3 Personen zu gleichen Teilen gehört, werden die Gerichtsgebühren und Kosten des Sachverständigen durch 3 geteilt.

Für Anwaltskosten gibt es – anders als bei der Teilungsklage im Verfahren 1. Instanz – im Exekutionsverfahren keinen Kostenersatz. Das heißt, jeder Miteigentümer trägt selbst seine Anwaltskosten für das Exekutionsverfahren.

9) Bleibt ein Wohnrecht bzw. Fruchtgenussrecht nach der Versteigerung bestehen?

Ein Wohnrecht oder Fruchtgenussrecht bleibt nach der Versteigerung aufrecht. Der neue Käufer hat diese Belastungen zu übernehmen. In der Praxis kann ein derartiges Wohnrecht dazu führen, dass sich für die Liegenschaft beim Versteigerungstermin kein Käufer findet.

10) Kann ein Belastungs- und Veräußerungsverbot eine Versteigerung verhindern?

Ein im Grundbuch eingetragenes Belastungs- und Veräußerungsverbot verhindert dann eine Versteigerung, wenn dieses Verbot auf der gesamten Liegenschaft eingetragen ist und die Person, zu deren Gunsten ein solches Verbot eingetragen wurde, einer Versteigerung nicht zustimmt.

Wenn ein Belastungs- und Veräußerungsverbot aber nur auf einem Anteil der Liegenschaft und nicht auf der ganzen Liegenschaft eingetragen ist (z.B. nur auf einem Hälfteanteil und auf dem anderen nicht), dann kann die Liegenschaft trotzdem versteigert werden.

11) Was ist, wenn die Liegenschaft beim Versteigerungstermin nicht versteigert wird?

Wenn die Liegenschaft beim ersten Versteigerungstermin nicht versteigert wird, dann können bis zu einer Frist von maximal 8 Wochen nach dem Versteigerungstermin schriftliche Bietangebote abgegeben werden. Die genaue Frist kann das Gericht festsetzen. Diese Informationen hat das Gericht auch in der Ediktsdatei zu veröffentlichen.

Die schriftlichen Angebote dürfen dabei um 25 % weniger sein als der vom Sachverständigen festgestellte Schätzwert der Liegenschaft.

Meiner Erfahrung nach kommt es aber in der Praxis nicht oft vor, dass Liegenschaften nicht verkauft werden (außer sie sind zB mit einem Wohnrecht belastet).

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